Ich wurde dazu ermutigt, in der Außenwelt eine Therapie anzufangen. Sie sei dringend notwendig. Allerdings konnte man für mich keine passende Schublade bzw "Diagnose" finden. Ich habe mit meinem "außergewöhnlichen" Problem nirgendswo reingepasst. Nur die körperlichen Schmerzen haben einen Namen bekommen - die psychischen Schmerzen jedoch? Fehlanzeige. Ich hasse das. So außergewöhnlich ist es nicht, es ist nur nie in der Praxis aufgetaucht, daher haben die meisten Ärzte und Therapeuten keine Ahnung womit sie es zu tun haben. Mir wurde gesagt, ich dürfte in Kleingruppen nicht über mein Problem sprechen, da es andere Menschen traumatisieren würde. Es sei zu heftig, zu krass, zu schlimm. Aha. Für mich nicht, oder was? Dabei habe ich mir immer eingeredet, dass andere Menschen viel schlimmeres erlebt haben und mein Problem keinerlei Beachtung findet. Nur ne "Phase", wie es so schön heißt. Und dann sowas.... man kann sich vorstellen, wie begeistert ich war.
Und ständig dieses "wenn Sie traurig sind, lenken Sie sich ab" Getue. Ist ja schön und gut, aber es gibt Menschen, die haben sich jahrelang abgelenkt und leiden genau deswegen darunter. Ich sagte auch mehrmals, dass ich hier bin um mich mal NICHT abzulenken, sondern um mich mit meinen Gefühlen zu konfrontieren. Jedesmal landete ich in der Sackgasse. Man verstand mich nicht.
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Beispiel: Ich hielt in den 5 Wochen alle Termine auf meinem Plan ein, war immer anwesend und pünktlich. Der Großteil war zwar freiwillig, allerdings war Sport z.B für jeden Pflicht. Da durfte man auch nur mit Krankmeldung o.ä fehlen. Eines Tages hatte ich mal wieder meinen Termin bei meiner Bezugstherapeutin. Ich fragte sie um Rat, da ich in der Außenwelt Angst habe, an Tagen auszufallen wenn mich meine Gefühle überrollen. Das hat dann nämlich Konsequenzen und vor jedem Gefühlsausbruch stoppe ich mich in der Regel, da ich den Alltag noch im Kopf habe, den ich schaffen muss. Allerdings möchte ich meine Gefühle ja nicht mehr verdrängen, weil ich langsam daran kaputt gehe. Sie wusste sich keinen Rat. Sie sagte nur, dass es ja nicht so schlimm werden würde. Irgendwann hatte ich dann leider meinen ersten Gefühlsausbruch, den ich mir (erst nach gutem Zureden einer Freundin) erlaubte. Danach war ich wie in Watte gepackt. In Trance. Ich fühlte mich leblos und schlecht. Ich ließ Termine ausfallen. Alle. Selbst Sport.
Am nächsten Tag rief mich meine Bezugstherapeutin zu ihr und fragte mich was los gewesen sei. Ich erzählte es ihr kurz und betonte dann noch, dass dies die Angst war, von der ich gesprochen hatte. Hier sind die Konsequenzen nicht so doll, aber in der Außenwelt ist es eine Katastrophe. Sie meinte daraufhin nur, dass das (hier!) nicht geht und ich versuchen soll, den Alltag zu meistern. JA! ABER WIE DENN?! Das war meine ursprüngliche Frage. Wie? Wie bekomme ich Gefühle + Alltag in den Griff, ohne diese Gefühle wieder wegzusperren? Es hat sich ja leider herausgestellt, dass wenn ich weiter meine Gefühle verdränge, diese sich körperlich in Form von Schmerzen und Panikattacken zeigen. Ich habe bis heute keine Antwort erhalten.Ich stehe wieder alleine da. Meine erste Schnupperstunde bei einer Therapeutin lief auch extrem scheiße. "Schocktherapie" - ganz simpel - keine große Sache. Erstmal die Vorgeschichte aufgezwirbelt. Um den heißen Brei herumgeredet. Ich bin nicht mehr zu ihr hingegangen.
Und weitere Therapeutinnen habe ich bis jetzt auch nicht mehr angerufen. Ich habe einfach das Gefühl, dass mir keiner helfen, keiner mich verstehen kann. Ich würde am liebsten auf offener Straße zusammenbrechen, damit jeder mal sieht, wie es mir wirklich geht. Nämlich richtig scheiße. Ich habe Gedanken an den Tod. Das ist neu, die hatte ich seit Jahren nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Überall im Alltag werde ich mit Schmerzen konfrontiert. Im Supermarkt, im Bahnhof, in der Berufsschule, im Zug, im Park - überall. Ich traue mich nicht mal anonym offen über mein Problem zu schreiben. Es ist zu beängstigend, zu schockierend, zu demütigend.....
In ein paar Wochen fange ich meine unterbrochene, schulische Ausbildung wieder an. Ich habe wahnsinnige Angst davor. Ich habe Angst, es nicht zu schaffen. Ich habe Angst, dass die Angst wiederkommt. Diese Angst, die mich lähmt. Ich habe Angst um meine Zukunft. Ich habe Angst, mich nicht genug um mich zu kümmern. Ich habe Angst zu scheitern. Ich habe Angst vor Menschen. Ich habe Angst vor Menschenmassen. Ich habe Angst vor den Schmerzen. Vorallem habe ich Angst vor mir selbst. Angst, abzurutschen. Angst, etwas dummes anzustellen. DIESE SCHEIß ANGST!
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